Nachdem am Nachmittag des 9. November Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Michail Gorbatschow, Lech Walesa und DDR-Bürgerrechtlern unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Bornholmer Brücke überquert hatte, trafen sich gegen Abend über 300 Bürgerinnen und Bürger, um am ehemaligen Grenzübergang eine ökumenische Andacht zu feiern und in stillem Gedenken ausklingen zu lassen.
An diesem Ort öffnete sich in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 erstmalig die innerdeutsche Grenze. Ungehindert konnten die Menschen von Ost nach West gelangen. Die Friedliche Revolution der Bürgerinnen und Bürger der DDR hatte einen wichtigen Etappenschritt zur Wiedervereinigung Deutschlands und der Aufhebung der Teilung Europas genommen.
Trotz des regnerischen Wetters waren so viele Menschen wie nie zu der langjährigen Traditionsveranstaltung unseres Ortsverbandes Schönhauser Allee gekommen. Die musikalische Begleitung übernahm wie jedes Jahr das Blasorchester der Heilsarmee. Vertreter verschiedener christlicher Gemeinden und Organisationen richteten nachdenkliche, ermahnende, aber vor allem auch ermutigende Worte an die Anwesenden. Gedacht wurde ebenso der Toten der Berliner Mauer, die ihren Freiheitsdrang mit dem Leben bezahlen mussten.
Neben aller Freude über die Grenzöffnung und die Aufhebung der Teilung Deutschlands wurde auch dem anderen 9. November gedacht: der Reichspogromnacht 1938. In dieser Nacht wurden jüdische Einrichtungen wie Geschäfte oder Synagogen zerstört, geschändet und in Brand gesteckt. Unzählige Menschen jüdischen Glaubens wurden ermordet, in den Selbstmord getrieben oder in Konzentrationslagern inhaftiert.
Der 9. November ist ein besonderer Tag in der deutschen Geschichte. Glück, Dankbarkeit, Trauer und Scham liegen eng beieinander. Beides gehört für uns Deutsche zusammen. Dieser Tag ist uns Verpflichtung und Ansporn, in einem geeinten Europa die Werte der Menschlichkeit, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit immer wieder aufs Neue zu leben und einzuklagen.